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Geschrieben von ALexikon

Was ist eine Bremsanlage?

Bremse mit Scheibe
Foto: S. Hermann & F. Richter auf Pixabay

 

In den vergangenen rund 100 Jahren haben Pkw-Bremsanlagen eine stetige Entwicklung erlebt. Diese ist auf die wachsende Leistung der Motoren und die gestiegenen Ansprüche in puncto Sicherheit zurückzuführen. Mechanische Bremsanlagen hatten lediglich die Aufgabe, das Fahrzeug zu verzögern. Moderne Bremssysteme sorgen mit elektronischen Bremsregelsystemen wie ABS oder ESP für zusätzliche Fahrstabilität in brenzligen Situationen.

 

Mechanische Bremsanlagen – ein hoher Wartungsaufwand

Mechanische Bremsanlagen sind heute mit Ausnahme der Feststellbremse nur mehr bei Oldtimern, wie der 1928 erschienenen Chevrolet National Serie AB zu finden. Bei diesem System wird vom Fahrer per Hand und/oder über den Bremsfußhebel ein Seilzug, Gestänge oder eine Kombination aus beidem betätigt. Infolge drücken meist Spreiznocken die Bremsbacken von innen gegen die am Rad befestigte Bremstrommel, was zu einer Tempoverzögerung führt. Wesentliches Problem dieses Bremssystems als Betriebsbremse ist der hohe Wartungsaufwand wie das Einstellen der Seilzüge. Die Seilzüge längen sich mit der Zeit. Hinzu kommt eine erhöhte Unfallgefahr durch einen eingefrorenen oder gerissenen Seilzug sowie eine ungleichmäßige Bremswirkung.

 

Hydraulische Bremssysteme

Ein gleichmäßiger Bremsdruck an allen vier Rädern bei gleichzeitig höherem Wirkungsgrad konnte mit der Einführung der hydraulischen Bremsanlage erzielt werden. Chrysler war der erste Autobauer, der eine Fahrzeugserie mit Hauptbremszylinder und Radbremszylinder auf den Markt brachte. Bis Mitte der 60er Jahren handelte es sich wie beim Coupé 220 SE von Mercedes-Benz oft um sogenannte hydromechanische Bremsanlagen, bei denen die Hydraulik nur an den vorderen Rädern eingesetzt wurde. Danach wurde das vollhydraulische Bremssystem, das sich bis heute vom Prinzip nur geringfügig geändert hat, bei vielen Autobauern zum Standard. Drückt die lenkende Person das Bremspedal, wird die Fußkraft vom im Motorraum angeordneten Hauptbremszylinder in hydraulischen Druck umgewandelt. Der Hydraulikdruck wird über Bremsschläuche und Bremsleitungen zum Radbremszylinder geleitet. Mittels Bremskolben werden die Bremsbacken an die Bremstrommel gedrückt. Bei Scheibenbremsen drücken die Bremssattelkolben die Bremsbeläge gegen die Scheiben. Nicht selten können längere Standzeiten ein Festsitzen der Bremskolben zur Folge haben.

Druckverlust ist eine typische Schwachstelle bei Hydraulikbremsen. Dieser kann durch verschlissene Schläuche, die etwa alle fünf Jahre ausgetauscht werden sollten, oder Undichtigkeiten am Rad- und Hauptbremszylinder auftreten. Ein Radbremszylinder hat eine Lebensdauer von etwa 150.000 Kilometer, kann aber schon deutlich früher einen Defekt aufweisen. Schwerwiegend ist ein undichter Radbremszylinder an der Trommelbremse. Die Bremsflüssigkeit verteilt sich am Bremsbelag, wodurch die Bremswirkung der Betriebsbremse als auch Handbremse stark nachlässt. Bei älteren Einkreisbremsanlagen fällt die komplette Bremsanlage aus. Seit der Erfindung des Tandem-Hauptbremszylinders beziehungsweise der Zweikreisbremsanlage mit zwei unabhängig voneinander arbeitenden Bremskreisen ist bei Undichtigkeiten weiterhin eine Bremswirkung gegeben. Aufgrund der Wichtigkeit sollten Einzelkomponenten wie Dichtungen und die Druckstangenkolben der Hauptbremszylinder regelmäßig alle zwei Jahre einer Inspektion unterzogen werden.

 

Pneumatische Bremsanlagen

Druckluftbremsen werden in der Regel nur bei schweren Lkws und Landwirtschaftsmaschinen eingesetzt. Im Gegensatz zu Hydraulikbremsen sind pneumatische Bremsen in der Lage, ausreichend Druck zum Abbremsen schwerer Fahrzeuge aufzubauen. Für den Einbau in Autos sind die Kosten zu hoch und der Platzbedarf für Einzelkomponenten wie Kompressor und Vorratsbehälter zu groß. Die vom Kompressor erzeugte Luft wird in Behältern gespeichert. Bei einer vom Fahrer eingeleiteten Bremsung wird die Druckluft auf den Membranzylinder übertragen. Der Membranzylinder ist ein Verschleißteil und laut Empfehlungen von Herstellern wie WABCO spätestens alle zwei Jahre auszutauschen. Ebenso einer Wartung unterliegt das Granulat von Lufttrocknern, das, wie der Membranzylinder, etwa alle zwei Jahre zu erneuern ist. Zum Schutz pneumatischer Anlagen werden Leitungsfilter verbaut, deren Filterpatronen mit der Zeit verstopfen. Filterpatronen sollten circa alle vier Monate inspiziert und bei Beschädigungen erneuert werden.

 

EHB als Brake-by-Wire System

Im Jahr 2001 erschien mit dem Mercedes-Benz SL 500 erstmals ein Pkw mit elektrohydraulischer Bremsanlage (SBC). Dabei handelt es sich um ein Bremssystem, welches ABS, ESP und die Funktion eines Bremskraftverstärkers in sich vereint. Die sogenannte Betätigungseinheit und ein Pedalwegesensor erfassen die Bewegungen und Drücke am Bremspedal. Diese Daten werden an ein Steuergerät gesendet, welches den Bremsdruck regelt. Der erforderliche Bremsdruck gelangt von einem Hochdruckspeicher, der mittels einer Pumpe befüllt wird, in das Bremssystem. Dieses System baut den Bremsdruck nicht über den Pedalweg und Bremskraftverstärker, sondern ausschließlich über die Hochdruckpumpe auf. Häufig traten Problemen mit der elektrischen Hochdruckpumpe. Dadurch wurden die Druckspeicher nicht ausreichend befüllt. Das führte zu einer verringerten Bremsleistung. Die Bremsventile werden mehr in Anspruch genommen als bei einer hydraulischen Bremsanlage, was einen erhöhten Verschleiß zur Folge hat. Für die SBC-Einheit ist von MERCEDES-BENZ nach jedem 250.000 Bremsvorgang eine Erneuerung vorgesehen. Der Tausch von Scheibenbremsen und Belägen erfordert Fachwissen. Diese können nicht mehr von ambitionierten Hobbybastler wie üblich ausgewechselt werden. Ab etwa 2006 wurde die SBC-Bremse durch konventionelle Bremsen ersetzt.

 

So funktioniert die Bremse

 

weiterführende Links:

Die Bremse